Oder wieso meditative Leere nicht kampflos zu erreichen ist.
Es ist nun ja so, dass Yoga schon viele Jahre lang einen festen Platz in meinem Leben hat. Und wer Yoga nicht bloss zur körperlichen Ertüchtigung praktiziert, denn Yoga heisst - frei übersetzt - das Zusammenführen von Körper und Seele, der kommt über kurz oder lang nicht darum herum, sich an die Kunst der Meditation heranzutasten. So auch ich. Lange hatte ich mich ihr verwehrt und versucht, sie zu ignorieren. Zu langweilig erschien sie mir. Und ein bisschen Angst hat sie mir auch gemacht. So habe ich sie fortwährend ausgeschlossen aus meinem Leben, habe sie - obwohl ich irgendwie merkte, dass sie wohl gerne reingekommen wäre - draussen vor der Türe warten lassen und ihr Klopfen anfangs ziemlich erfolgreich ignoriert. Zuerst hat sie nur ab und zu geklopft, sanft. Mit der Zeit immer öfter und lauter. Irgendwann war da dann der Moment, wo mich ihr dauerndes Lärmen genervt hat. Und irgendwie tat sie mir dann doch auch leid, so fortwährend klopfend und wartend vor der Türe und so habe mich ihr eines Tages erbarmt und sie halt reingelassen. Hier fängt es dann offensichtlich schon an, etwas schwierig zu werden. Der total falsche Ansatz. Die Meditation wird gerne auch als Königsweg zur Selbstfindung bezeichnet. Da wären ein bisschen mehr Respekt und Hochachtung wohl nicht verkehrt und wenigstens ein Drink zur Begrüssung wahrscheinlich angebracht gewesen. Naja, dafür war es dann zu spät, ich hatte die Tür halt irgendwann einfach so geöffnet und in etwa gefragt, was sie denn wolle und warum sie keine Ruhe gebe. Und seither ist sie da.
Mein Leben dreht sich, wie die meisten Leben der Leute, die ich kenne, rasant schnell. Das war immer so und ich sehe auch keinen dringlichen Grund, diesen Zustand grundlegend zu ändern. Die Schnelligkeit entspricht meinem Wesen, das Leben bietet so viel, wer rastet, der rostet. Meine imaginäre Liste von Dingen, die ich noch machen, anreissen und ausprobieren möchte, ist lang und wird mit all den Jahren nicht kürzer, sondern tendenziell eher umfangreicher.
Es liegt daher auf der Hand, dass meine Beziehung zur Meditation etwas holpert, dann und wann stottert, mich mitunter zweifeln und manchmal verzweifeln lässt. Trotzdem tut sie mir gut. Wenn es dann endlich dazu kommt und ich mich überwinden kann, mich auf die Matte zu begeben. Bis ich aber jeweils dahin komme, ich sage es Ihnen, ist es ein Kampf! Vorher fallen mir jederzeit noch mindestens fünfundzwanzig Dinge ein, die wirklich und unbedingt noch erledigt sein müssen. Dringend. Oft ist es dann so, dass die Zeit nach Kaffee trinken, Zeitung lesen, Staubsaugen, Aufräumen, Einkaufen und Gefrierfach abtauen einfach nicht mehr reicht, um noch zu meditieren. Und ich bin einmal mehr davongekommen. Ja, genau, davongekommen. Wer sich nämlich schon einmal in Meditation versucht hat, weiss, dass es nichts Absoluteres gibt als sie. Sie ist anstrengend. Weil sie einen ganz will. Sie lässt keinen Platz für anderes als die Leere. Meditation ist der Inbegriff totaler Hingabe.
Abgesehen davon, dass mir persönlich die Ruhe nicht in den Genen zu liegen scheint, ist es möglicherweise auch eine Erscheinung unserer Zeit, dass uns die Fähigkeit zur Aufmerksamkeit und Hingabe an eine einzige Sache abhandengekommen ist. Wieso soll ich noch ein Buch lesen, wenn es Hörbücher und Podcasts gibt und ich dazu zeitgleich die Wohnung putzen kann? Die Konzentration auf eine einzige Sache ist so wahnsinnig ineffizient und deshalb gerade heute, wo wir uns so viel Mühe geben, die Ineffizienz auszurotten, so unglaublich wertvoll. Weil sie einen Gegenpol bildet, zur immerzu bewegten Multitasking-Gesellschaft. Die uneingeschränkte Hingabe und das Fokussieren auf einen einzigen Vorgang haben sich zum eigentlichen Luxus meiner Generation entwickelt. Und diesen Luxus möchte ich mir unbedingt von Zeit zu Zeit leisten, wenn er auch nicht leicht zu erlangen ist.
Kommt es dann nämlich nach längeren inneren Kämpfen doch noch dazu, dass ich mich überwinde, mich auf die Matte begebe und die Augen schliesse, dann wäre es unglaublich falsch zu denken, dass sich unverzüglich ein sozusagen schwebender Zustand und totale Ruhe einstellen. Nein, dann geht es erst richtig los. Augen zu und an nichts denken. Nichts einfacher als das, vor allem, wenn man direkt vom Erledigen der tausend wichtigsten Dinge im Leben atemlos auf die Matte flitzt und plötzlich ganz ruhig werden soll. Also nochmals. Augen zu. Schon rast das Hirn. Blödes Hirn, hör auf zu stressen! Loslassen ist angesagt. Ruhig werden. Nichts denken. Ätsch, sagt das Hirn. Du kannst mich mal. Ich mach jetzt den Einkaufszettel. Nicht! Schreit es in mir. Ich kann mich nicht gleichzeitig in der edlen Kunst der Selbstfindung üben und zuhören, wie mein Geist ununterbrochen Butter, Spinat, Katzenfutter repetiert. Ich versuche es mit Om Nama Shivaya, mit Om Mani Padme Hum, aber das Hirn will nicht. Der Spinat und das Katzenfutter drängen immer wieder vor. Kacke, denke ich. Was oft im Leben, aber in diesem Moment speziell, weder edel noch hilfreich ist. Katzenfutter! schreit es zurück. So kämpfe ich mich jeweils durch die ersten Minuten. Und bin immer wieder erstaunt, dass der Geist mit jeder weiteren Minute, die ich ausharre, zuverlässig ruhiger wird. Tatsächlich. Es kehrt Ruhe ein. Manchmal hört das Hirn sogar auf zu mühlen und alles wird leicht und leer. Nicht immer, aber es kommt vor. Je länger je öfter. Dieser Zustand ist dann so unglaublich schön, das daraus resultierende Gefühl so warm, zufrieden, geborgen und wertvoll, dass sich der vorausgehende innere Kampf immer gelohnt hat.
Danach bin ich froh und glücklich, dass ich damals die Türe doch noch geöffnet und sie reingelassen habe, die Meditation. Nur, sobald wieder ein paar Tage vergangen sind, geht es von vorne los. Wie zum Beispiel jetzt. Ich wollte mich doch endlich vom Computer losreissen. Die Matte liegt seit frühmorgens unbenutzt neben mir. Gleich werde ich anfangen. Nur noch schnell fertigschreiben und nur noch rasch die andern Kleinigkeiten erledigen, die jetzt einfach unbedingt, ja, wirklich unbedingt, noch dringend erledigt werden müssen. Nur noch ganz, ganz, schnell!
Mittwoch, 12. Dezember 2012
Donnerstag, 29. November 2012
Oh du fröhliche
Kinder zu haben und sie zu erziehen heisst, alles grundsätzlich zu überdenken. Werte, Moral, Traditionen - zu allem sollte man eine klare Meinung haben, seine Vorbildfunktion wahrnehmen, Richtiges vorleben, Wichtiges vermitteln. Ist uns bis jetzt nicht schlecht gelungen, würde ich sagen. Zu vielen Themen hat man ja irgendwie sowieso eine recht klare Haltung, andere klären sich sobald man gezwungen ist, sich damit auseinanderzusetzen und einmal vertieft darüber nachzudenken.
Vielschichtiger und richtig kompliziert wird es bei den grossen Fragen des Lebens. Und die kommen - ich weiss es jetzt - unverhofft und viel früher als man denkt. Aus diversen aktuellen Anlässen wie der bevorstehenden Adventszeit, Weihnachten, Krippenspiele und Weihnachtssingen im Kindergarten, ist das Thema Christentum bei unserer sechsjährigen Tochter hochaktuell. Aus dem Kinderzimmer tönt Andrew Bond seit Wochen lautstark mit seinem Chor: Dä Jeeeeeeesus isch daaaaa, dä Jeeeeesus isch daaaa...! Aha. Ich drehe leicht befremdet das Radio im Wohnzimmer lauter. Beim letzten Besuch in der Bibliothek hat sie sich dann passend zur Saison zielsicher die Kinderbibel gegriffen und seither ist es für mich ungemütlich geworden.
Mein Zugang zur Religion mag etwas kompliziert, vielleicht nicht ganz unverkrampft sein, schon möglich. Ich bin mir zwar bewusst, dass wir in einer christlich geprägten Kultur leben und habe auch keinerlei Probleme, zu akzeptieren, dass auch unsere gesellschaftliche Auffassung von Moral auf den Grundwerten des Christentums beruht. Auch wir beschenken uns zu Weihnachten und suchen Eier an Ostern. So weit, so unverbindlich. Mit aller Deutlichkeit geben wir in unserer Familie allerdings auch der darwinistischen Evolutionstheorie den Vorrang gegenüber der biblischen Schöpfungsgeschichte.
Seit ich meine Androhung als Teenager, gleich nach der Konfirmation, zu der ich einigermassen gezwungen wurde, aus der Kirche auszutreten wahr gemacht hatte, war das Christentum für mich erst einmal erledigt. Der Zugang zur Spiritualität blieb zwar bestehen und es folgten einige mehr oder minder ausschweifende Ausflüge zu anderen Glaubensrichtungen und New Age Strömungen. In weniger spirituellen Phasen gab ich mich allerdings auch gern dem Credo "God is a DJ" hin. Kurzum: Im grossen Ganzen habe ich mich immer sehr wohl gefühlt ohne offizielle Landeskirche im Nacken und mit meinem nicht klar definierten Flickwerk aus diversen Glaubensrichtungen.
Dann kamen die Kinder. Das erst Mal ins Trudeln gerieten wir bei der Frage der Kindstaufe. In solchen Momenten wird einem bewusst, dass man sich nach all den Jahren noch immer nicht ganz gelöst hat von den Ritualen, die man mit dem Kirchenaustritt eigentlich begraben und deren Druck man sich doch ein für alle Mal entledigen wollte. Nach langen Diskussionen fanden wir eine Lösung, die für alle stimmte. Einmal mehr hatte ich aufgeschnauft und gehofft, das Thema wieder für lange Zeit ruhen lassen zu können.
Selbstverständlich will unsere Tochter jetzt jeden Abend aus der Kinderbibel vorgelesen bekommen. Und selbstverständlich stellt sie Fragen. - Sind die Geschichten wirklich passiert? Hat Jesus wirklich gelebt? Hat Gott tatsächlich die Welt erschaffen? Hat er den Menschen gemacht? Du sagst doch im Zoo immer, wir stammen von den Affen ab! - Ich winde mich unter ihren Fragen. Merke, dass ich keine präzisen Antworten auf ihre glasklaren Fragen geben kann oder will. Umständlich versuche ich, die Fragen zu umschiffen. - Naja, weisst du, es gibt Leute, die glauben, Gott habe das alles erschaffen und dann gibt es Leute, die glauben das halt eher nicht. - Und wieso feiern wir denn Weihnachten, wenn Jesus vielleicht gar nicht dann geboren wurde? Glaubst du denn die Bibel lügt? - Es wird heiss. Ich komme hier nicht mehr raus. Ich füge an, weil es mir wirklich wichtig ist, ihr das zu vermitteln - dass ich ja eher glaube, dass ich sogar ziemlich sicher vermute, dass wir uns im Laufe der Zeit entwickelt haben und somit eben doch eher vom Affen abstammen. Es widerstrebt mir, meine Tochter glauben zu lassen, dass sie und ich im weitesten Sinne aus einer Rippe Adams gemacht wurden. Und Weihnachten feiern wir halt einfach, fahre ich möglichst belanglos fort, weil es schon immer so gemacht wurde.
Sie schaut mich an. Überlegt einen Moment. Und dann kommt es. Fadengerade. - Ich glaube aber, dass Gott die Welt erschaffen hat, so wie es in der Bibel steht. - Bamm. Ich fühle mich leicht vor den Kopf gestossen und infrage gestellt. Meine sechsjährige Tochter hat - im Gegensatz zu mir - eine ganz klare Meinung zu ihrem Glauben. Ich merke, dass meine Toleranz und Weltoffenheit unverhofft etwas ins Wanken geraten. Eigentlich will ich sagen: - Nein, stimmt nicht. Es war nicht so. Die Bibel ist ein Geschichtenbuch wie es viele andere Geschichtenbücher gibt. - Nur, woher nehme ich das Recht, meiner Tochter vorzuschreiben was sie zu glauben hat? Weiss ich denn sicher, dass meine Version der Geschichte stimmt, dass ich Recht habe? Wie weit darf ich mein Kind beeinflussen, wie weit ist es meine Aufgabe, sie zu lenken? Wie würde ich damit umgehen, wenn sie im Laufe ihres Lebens streng gläubig würde?
Ich lasse ihre Aussage so stehen, sie ist gedanklich sowieso schon wieder ganz woanders, schlucke dreimal leer, atme dreimal tief durch und frage mich nicht zum ersten Mal wieso mich eigentlich wieder mal keiner vorgewarnt und darauf vorbereitet hat, dass die wirklich komplexen Fragen des Lebens schon in diesem zarten Alter auftauchen.
Frohe Adventszeit allerseits!
Mittwoch, 11. April 2012
Der Anfang
Der Anfang muss gemacht werden. Bloss wie? Möglichst originell. Möglichst packend. Lustig soll's auch sein. Und einzigartig. Meine Erwartungen an Anfänge sind hoch. Was neu ist soll auch gelingen. Unbedingt. Und genau das ist der Grund, weshalb ich mich schwer damit tue, Neues zu wagen. Ich mache nicht einfach so mal was ins Blaue hinaus. Das geht nicht.
Deshalb gilt meine Bewunderung den Menschen, die Neues wagen. Wie zum Beispiel den drei Damen von Yum Yum Baby, heute gesehen im Bolero Magazin.
Und mein Anfang ist somit auch gemacht. Geht doch!
Deshalb gilt meine Bewunderung den Menschen, die Neues wagen. Wie zum Beispiel den drei Damen von Yum Yum Baby, heute gesehen im Bolero Magazin.
Und mein Anfang ist somit auch gemacht. Geht doch!
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